Antriebssysteme in Elektrofahrzeugen
Das elektrische HerzDer Elektromotor ist die ökonomische und ökologische Alternative zum klassischen Verbrenner. Was die E-Variante leisten kann, entscheidet dabei ihr Energiespeicher. Über die Jahrzehnte haben sich unterschiedliche Methoden entwickelt, Strom mobil verfügbar zu machen. Zu den wichtigsten zählen die Blei-Säure-Batterie, der Lithium-Ionen-Akku und die Brennstoffzelle.
Kaum jemand bezweifelt, dass die Zukunft des Motors elektrisch sein wird. Elektronische Antriebssysteme sind mittlerweile oft nicht nur die ökonomisch sinnvollste, sondern auch die ökologisch nachhaltigste Variante. Das ist gut so, denn in Anbetracht der Klimakrise ist Umweltverträglichkeit entscheidend: Um den Anstieg der Erwärmung auf zwei Grad Celsius zu beschränken, fordern Experten bis 2050 eine fast vollständige Dekarbonisierung der globalen Wirtschaft. Als größtes Sorgenkind gilt dabei der Verkehrssektor. Aus diesem Grund will die deutsche Bundesregierung bis 2030 sechs Millionen Elektrofahrzeuge auf die Straßen bringen. Frankreich und Großbritannien gehen noch weiter und wollen ab 2040 erst gar keine Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr zuzulassen. Beim Warten auf die Elektromobilität richten sich in der Regel alle Hoffnungen auf die Pkw von morgen. Gerne übersehen wird dabei, dass gerade Nutzfahrzeuge als entscheidende Treiber der Elektro-Revolution gelten. Lieferdienste und Hersteller von Logistikfahrzeugen entwickeln sich zunehmend zu Elektro-Pionieren.
Gut fürs Klima, gut fürs Geschäft
Dass in elektrischen Antriebssystemen gewaltiges Potenzial für den Klimaschutz steckt, liegt schon lange auf der Hand. Wie klimafreundlich ein Elektromotor ist, hängt damit zusammen, wie sauber der genutzte Strom produziert wird. Je mehr Ökostrom, desto besser fürs Klima. Aktuell beträgt in Deutschland der Anteil vom Strom aus Sonne, Wind, Wasser und Biomasse rund 40 Prozent. Schon unter diesen Bedingungen hat die E-Variante eine vorteilhaftere Klimabilanz als der Verbrennungsmotor. Steigt mit fortschreitender Energiewende der Ökoanteil am Strommix weiter an, verbessert sich automatisch die Bilanz der Elektrofahrzeuge.
Vielen Unternehmen kann die Elektrowende aber auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht nur recht sein. Elektromotoren haben einen deutlich geringeren Wartungs- und Instandhaltungsbedarf, was sie gegenüber dem klassischen Verbrenner nicht nur zur sauberen, sondern auch zur günstigen Alternative macht.
Das Herzstück eines Fahrzeugs
Was Elektroantriebe leisten, entscheidet ihr Energiespeicher , das Herzstück des gesamten Fahrzeugs. In den vergangenen Jahrzehnten haben sich unterschiedlichste Möglichkeiten entwickelt, den benötigten Strom zu konservieren. Aktuell sind primär drei Varianten im Einsatz: die Blei-Säure-Batterie, der Lithium-Ionen-Akku und die Brennstoffzelle .
Dominant: Die Blei-Säure-Batterie
Im Jahr 1854 stellte der deutsche Physiker Wilhelm Josef Sinsteden zwei große Bleiplatten in ein Gefäß mit verdünnter Schwefelsäure. Bald bemerkte er, dass sich mit dieser Konstruktion Strom aus einer externen Spannungsquelle speichern ließ. Aus seiner Entdeckung entwickelte Sinsteden den ersten funktionsfähigen Blei-Säure-Akkumulator. Fünf Jahre später griff der Franzose Gaston Planté die Idee auf und verbesserte sie durch spiralförmig angeordnete Bleiplatten. Damit schuf er das Grundprinzip, nach dem die Akkumulatoren bis heute funktionieren.
Mittlerweile sind Blei-Säure-Batterien die meistgenutzten Akkumulatoren überhaupt. Mit rund 90 Prozent haben sie den mit Abstand größten Anteil am weltweiten Batteriemarkt. In annähernd allen Autos und Motorrädern kommen sie als Starter-Batterien zum Einsatz. Als Traktionsbatterien treiben sie E-Fahrräder, Gabelstapler, automatische Transferfahrzeuge und elektrische Spezialfahrzeuge an.
Diese Dominanz kommt nicht von ungefähr. Blei-Säure-Akkumulatoren sind ein sehr robuster, kostengünstiger Batterietyp mit niedrigen Wartungskosten, der dennoch in kurzer Zeit sehr hohe Stromstärken liefern kann. Zudem zeigen sie nicht den sogenannten Memory-Effekt, büßen also im Laufe ihrer Nutzung kaum an Ladekapazität ein. Mit ihnen lässt sich deshalb recht genau planen, wieviel Strom zu welchen Kosten gespeichert werden kann. Für die Blei-Säure-Batterie spricht auch ihre Langlebigkeit: Je nach Qualität und Belastung können Traktions- oder Speicherbatterien eine Lebensdauer zwischen fünf und 15 Jahren erreichen.
Leistungsfähig: Die Lithium-Ionen-Batterie
Im Jahr 2019 erhielten John B. Goodenough, M. Stanley Whittingham und Akira Yoshino den Nobelpreis für Chemie. Jeder von ihnen hatte mit seiner Arbeit entscheidend zur Entwicklung der Lithium-Ionen-Batterie beigetragen. "Die Batterie hat die Entwicklung sauberer Energietechnologien und elektrischer Autos ermöglicht, was zu weniger Emissionen von Treibhausgasen geführt hat", begründete das Nobelkomitee die Vergabe.
Seit ihrem ersten Auftritt Mitte der 1980er-Jahre hat sich die Lithium-Ionen-Batterie nach und nach in fast allen Lebensbereichen etabliert. Zunächst versorgte sie vor allem tragbare Geräte wie Handys, Digitalkameras oder Notebooks mit Strom. Mittlerweile gilt sie als entscheidender Baustein der modernen Elektromobilität. Li-Ion-Batterien sind klein und leicht, liefern aber dennoch verhältnismäßig viel Energie. Das macht sie ideal für E-Bikes, Elektroautos, moderne Elektrorollstühle und Hybridfahrzeuge.
Unter Fachleuten gilt die Lithium-Technologie zurzeit als effektivste und sicherste Speicherungstechnik. Während bei Blei-Säure-Batterien empfohlen wird, sie nur nach vollständiger Entladung ans Ladegerät anzuschließen, ist bei Lithium-Ionen-Batterien das Zwischenladen nicht nur problemlos möglich, sondern sogar erwünscht. Ihr idealer Ladezustand liegt bei etwa 20 bis 80 Prozent der Gesamtkapazität, weshalb auch bei sinkendem Ladestand keinerlei Performanceverlust droht.
Auch für Nutzfahrzeuge wie Gabelstapler und Kommissioniergeräte werden Lithium-Ionen-Batterien immer beliebter. Ihre wartungsfreie Technologie spart den Unternehmen Kosten, während die Möglichkeit zum permanenten Zwischenladen die Verfügbarkeit der Fahrzeuge deutlich erhöht. Beim Reinigen der Zellen entstehen keine Verunreinigungen durch Batteriegase oder Säure, was Lithium-Ionen-Batterien für sensible Arbeitsbereiche wie die Pharma- oder Food-Industrie interessant macht.
Blitzschnell: Die Brennstoffzelle
Während die Lithium-Ionen-Batterie unbestreitbar die gegenwärtigen Entwicklungen auf dem Elektrosektor beherrscht, erkennen viele in der Wasserstoff-Brennstoffzelle die Technologie der Zukunft. Brennstoffzellen funktionieren ähnlich wie Batterien: In ihrem Inneren läuft eine chemische Reaktion ab, bei der Wasserstoff mit Sauerstoff reagiert und dabei Strom, Wärme und Wasserdampf erzeugt. Dieser Vorgang wird „kalte Verbrennung“ genannt und gilt als besonders umweltschonend, weil keinerlei klimaschädliche Gase entstehen. Der benötigte Wasserstoff lässt sich über ein Elektrolyseverfahren herstellen. Geschieht das mit Strom aus erneuerbaren Energien, ist der gesamte Vorgang vollkommen CO2-neutral.
Im Gegensatz zu anderen elektrischen Energiesystemen werden Brennstoffzellen nicht an eine Ladestation angeschlossen, sondern einfach mit Wasserstoff betankt. In der praktischen Handhabung ähneln sie daher dem konventionellen Verbrennungsmotor. In rund drei Minuten ist die Zelle gefüllt und erneut einsatzbereit. Besonders effizient ist die Brennstoffzelle in Kombination mit einer Lithium-Ionen-Batterie. Bei diesem Hybridantrieb wandelt die Brennstoffzelle den Wasserstoff in elektrische Energie um und treibt damit den Elektromotor an. Der wiederum lädt während der Fahrt die Batterie. Wird sehr viel Leistung benötigt, hilft die Batterie als Pufferspeicher aus.
Die Technologie der Brennstoffzellen ist bereits sehr ausgereift. Bis 2030, so schätzen der Verband der Automobilindustrie sowie der Verband der Maschinen- und Anlagenbauer, werden Hersteller in der Lage sein, größere Mengen wasserstoffgetriebene Privat- und Nutzfahrzeuge auf den Markt zu bringen. Was für den Masseneinsatz als alltägliches Verkehrsmittel fehlt, ist vor allem eine ausgebaute Tankstelleninfrastruktur.
In der Industrie hingegen steigt die Nachfrage schon heute rasant. Vor allem für ihre Logistikfahrzeuge sind Unternehmen nicht auf ein öffentliches Netzwerk von Tankstellen angewiesen. Mit einer einzigen Wasserstofftankstelle auf dem Werksgelände können sie ihre komplette Fahrzeugflotte betanken. Dem alltäglichen Einsatz, etwa in der Logistik, steht also schon jetzt nichts mehr im Weg.