Gestern Verbrenner, heute Elektroauto
E wie OldtimerSeit mehr als zehn Jahren stattet die Lorey Maschinenbau GmbH betagte Verbrenner mit modernen Elektromotoren aus. Ob Porsche, VW-Bus, Renault Kangoo oder Vorkriegs-Chevrolet: Mit der Technologie von Linde eMotion schenken die Offenbacher Umrüstexperten Autoklassikern ein neues Leben als Elektro-Oldie.
Marco Lorey macht in letzter Zeit mächtig Eindruck. Wenn er für den Wocheneinkauf in den Supermarkt fährt oder die Kinder am Nachmittag von der Schule abholt, tut er das immer mal wieder in einem toprestaurierten schwarzen Porsche 911, Baujahr 1968. Viele, denen Lorey auf seinen Touren begegnet, sind sofort interessiert. Sie treten näher und nehmen den eleganten Flitzer in Augenschein. „Wirklich fasziniert sind die Leute aber meistens, wenn ich die Motorhaube aufmache“, erzählt Lorey. „Dann sehen sie nämlich erst, dass im Motorraum nicht der erwartete 6-Zylinder sitzt, sondern ein Elektromotor.“
Der schicke Porsche, mit dem Lorey derzeit kleinere Testfahrten durch Offenbach unternimmt, gehört bedauerlicherweise nicht ihm selbst. Der gelernte Maschinenbauer hat lediglich die Aufgabe, dem Autoklassiker ein neues, elektrisches Herz zu verpassen. Seit 2007 hat sich die Lorey Maschinenbau GmbH auf die Elektroumrüstung von Autos spezialisiert. Ob Ente, Käfer oder Renault Kangoo, ob 124er Mercedes-Limousine, Fiat 500, Opel Agila oder die legendären T-Modell-Busse von VW: Sobald ein Fahrzeug die Werkstatt von Marco Lorey verlässt, müssen sich die Besitzer um Umweltzonen, Diesel-Fahrverbote oder steigende Benzinpreise keine Sorgen mehr machen.
Die Elektroleidenschaft begann mit dem eigenen Kangoo
125 Autos hat Lorey bis heute umgerüstet, die meisten davon für Privatkunden. Doch auch namhafte Unternehmen sind mittlerweile auf die Dienste des Offenbacher Elektrospezialisten aufmerksam geworden und geben Firmenfahrzeuge als Leuchtturm-Projekte in Auftrag. Aktuell elektrifiziert Lorey einen alten Landrover, den ein bekannter Sportartikelhersteller als Messefahrzeug einsetzt.
Die Idee, alte Autos von ihren Verbrennungsmotoren zu befreien und mit modernen Elektroantrieben auszurüsten, entsteht durch ein privates Bastelprojekt: Als Loreys erste Tochter zur Welt kommt, braucht die Familie dringend einen Zweitwagen. Ein weiterer Verbrenner, da sind sich die Eheleute einig, soll es nicht sein. „Wir haben uns auf dem Markt umgesehen, aber nichts passendes gefunden“, erinnert sich Lorey. „Autos mit elektrischem Antrieb gab es damals im Prinzip noch nicht. Also haben wir uns gedacht: Na gut, dann machen wir es eben selbst.“
Für sein Projekt besorgt sich Lorey einen alten Renault Kangoo, den er mit sechszehn Blei-Säure-Batterien ausstattet. Motor und technische Komponenten entstammen einem Gabelstapler. Alles weitere, Fachwissen und Fertigungsmaschinen etwa, findet der ambitionierte Tüftler in seiner eigenen Firma: Seit 1927 stellt die Lorey Maschinenbau GmbH Sondermaschinen her. In der vierten Generation fräsen, bohren und schweißen die Mitarbeiter Stahl und Aluminium zu Werkstücken, die in Industrie und Handwerk, aber auch als Ersatzteile für Oldtimer genutzt werden.
Elektrische Umrüstung – Baujahr 2002 oder älter
Als der Kangoo im Jahr 2007 den Praxistest besteht, ist Marco Lorey klar, dass er gerade ein neues Geschäftsfeld für seine Firma entdeckt hat. Elektroautos sind noch Mangelware, bieten aber schon damals unbestreitbare Vorteile: Die Motoren arbeiten fast verschleißfrei und sind kaum reparaturanfällig. Gleichzeitig lässt sich ein Auto mit Strom deutlich günstiger bewegen als mit Benzin. Lediglich zwei bis vier Euro zahlt man für 100 gefahrene Kilometer. Hinzu kommt das gute Gefühl, etwas für die Umwelt zu tun.
Theoretisch, sagt Lorey, ließe sich jedes beliebige Auto zum Elektrofahrzeug umrüsten. Dennoch konzentriert sich seine Firma hauptsächlich auf betagtere Modelle, Baujahr 2002 oder älter. Je neuer das Fahrzeug, desto schwieriger sei es, den Motor mit der zunehmend komplizierten Bordelektronik zu verbinden. „Es kann problematisch werden, alle Informationen aus einem komplexen digitalen System zu bekommen, um im umgerüsteten Auto wieder alle Komponenten ansteuern zu können“, erklärt Lorey. Natürlich sei auch das grundsätzlich machbar, werde aber schnell so aufwendig, dass es für die meisten Kunden finanziell nicht attraktiv sei.
Bei älteren Autos gebe es diese Probleme nicht. Deren Umrüstung ist grundsätzlich so einfach, dass Lorey manchen Kunden mit eigenen Bastlerambitionen die nötigen Teile einfach für die heimische Garagenwerkstatt mitgibt. Das entscheidende Bauteil für den Umbau ist dabei eine Adaptionsplatte, die Loreys Mitarbeiter aus einem Stück Aluminium fräsen. Die Platte verbindet den neuen Elektromotor mit dem originalen Fahrzeuggetriebe und muss für jeden Ausbau individuell angefertigt werden.
Spitzentechnologie aus Aschaffenburg
Als Energiespeicher nutzt Lorey Lithium-Eisenphosphat-Batterien, die er aus China importiert. Auf dem deutschen Markt sei leider nichts Vergleichbares zu finden: „Die chinesischen Hersteller sind uns in Sachen Akkutechnologie derzeit etwa zehn Jahre voraus.“ Die Batterien sind es auch, die den Löwenanteil des Preises ausmachen. Je nach geforderter Reichweite und Spitzengeschwindigkeit kostet ein Umbau zwischen 10.000 und 20.000 Euro.
Abgesehen von den Akkus setzt Lorey ausschließlich auf Technologie made in Germany. Bereits seit 2009 bezieht er Elektromotoren und Steuerungselektronik für sämtliche Umbauten von Linde eMotion. Das Angebot für die Zusammenarbeit geht damals auf die Initiative der Aschaffenburger Elektrospezialisten zurück. Ein Umstand, der Lorey bis heute begeistert:
Wir sind wirklich froh, dass Linde uns angesprochen hat. Von uns aus wären wir niemals auf die Idee gekommen, eine so große Firma um eine Zusammenarbeit zu bitten.
Die Kooperation mit Linde eMotion wird schnell zur Lösung für ein entscheidendes Problem: „Bei anderen Anbietern hätten wir mehr als 1.000 Motoren pro Bestellung abnehmen müssen, um einen rentablen Stückpreis zu erhalten. Für eine kleine Firma wie uns war das vollkommen unrealistisch. Aber mit eMotion haben wir einen Partner, der hervorragende Technologie in angemessenen Stückzahlen liefert.“ Die Zusammenarbeit bringt noch weitere Vorteile: „Wir haben schnell gemerkt, wie gut die Motoren von Linde sind und was für einen hohen Wirkungsgrad sie erzielen. Das hat uns ermöglicht, die Effizienz der Fahrzeuge spürbar zu steigern.“
In den Anfangsjahren arbeitet Lorey eng mit Linde eMotion zusammen, vor allem bei ungewöhnlichen Kundenanfragen. Ingenieure und Programmierer unterstützen dabei, alle Komponenten perfekt auf das jeweilige Fahrzeug abzustimmen. Diese Art der Feinjustierung sei mittlerweile aber kaum noch nötig: „Über die Jahre haben wir unsere Arbeit soweit optimiert, dass wir bei eMotion nur noch die Motoren und Steuerungstechnik für die gewünschte Leistung bestellen müssen und dann alles passend geliefert bekommen.“
Klimadebatte füllt die Auftragsbücher
Nach mehr als zehn Jahren eilt der Lorey Maschinenbau GmbH der Ruf als versierter Elektroumbauer weit voraus - sogar weit über die Grenzen Deutschlands hinweg. In einem südafrikanischen Naturpark chauffiert heute ein in Offenbach umgerüstetes Geländefahrzeug die Besucherinnen und Besucher fast geräuschlos an die Wildtiere heran. Auch aus dem europäischen Ausland gibt es immer mehr Anfragen.
Man spürt deutlich, dass die Leute sich mit dem Thema Klima und Umwelt stärker beschäftigen. So kommen auch normale Leute auf die Idee, ihren alten Verbrenner mit einem neuen Antrieb auszurüsten.
„Die Kunden kommen aus allen Altersgruppen und Gehaltsklassen“, sagt Lorey. Auch die Motivation für den Umbau kann sehr unterschiedlich sein: „Das sind nicht alles Grünen-Wähler, die es der Umwelt zuliebe tun. Viele treibt der Wunsch nach Autarkie. Sie wollen weder von der Autoindustrie noch von den Ölmultis abhängig sein.“ Dennoch macht sich die Klimadebatte in Loreys Auftragsbüchern bemerkbar. Fast täglich kommen mittlerweile neue Anfragen rein. „Man spürt deutlich, dass die Leute sich mit dem Thema Klima und Umwelt stärker beschäftigen. So kommen auch normale Leute auf die Idee, ihren alten Verbrenner mit einem neuen Antrieb auszurüsten.“
Besonders aufregend wird es, wenn echte Raritäten den Weg in Loreys Hinterhofwerkstadt finden. Dazu zählt ein extra aus den USA importierter Chevrolet, Baujahr 1925, der seit Kurzem ein zweites Leben als Elektro-Oldie führt. „Solche Autos kriegt man normalerweise nur im Museum zu sehen, wo man sie nicht mal berühren darf", schwärmt Lorey. “Aber ich durfte in dem Ding herumwerkeln und sogar ein paar Runden damit fahren. Das ist schon klasse.“